Wer noch nicht im Bilde ist, hier im Stöckerehüsli,

 wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen, wohne ich mit Sylvia, Tante Sonia und meinen unzähligen Freunden. 

Einer davon ist Halloween,

 

und heute plaudere ich mal aus dem Nähkästchen. Seinen Namen hat er bekommen, weil er an einem 31. Oktober, also an Halloween, zu mir gekommen ist. Da er eigentlich nur ein Hobby hat, und zwar das Schlafen, hätte ich ihn auch „Schlafmütze“ nennen können, aber „Halloween“ ist (vorerst noch) treffender, und Ihr werdet gleich erfahren wieso. 

Auch wenn er mit seinen Schlitzaugen kaum etwas sehen kann, lässt er mich (fast) nie aus den Augen, und wenn ich nach einem stressigen Rentnertag Siesta mache, liegt er mir nicht zu Füssen, nein - er sitzt mir zu Pfoten.  


Er geniesst es, von mir herumgetragen zu werden, und dazu muss ich ihn nicht mal aus seinem Dornröschenschlaf wach küssen. Sylvia findet es cool, wenn ich mich so mit Halloween beschäftige, denn dann lasse ich ihre Schuhe in Ruhe, wenn auch nur vorübergehend *grins*!


 


 

Einmal im Jahr jedoch ist Halloween wie ausgewechselt, ja kaum wieder zu erkennen, und zwar an Halloween. Da macht er seinem Namen alle Ehre und kommt voll auf Touren. An diesem Tag ist er total von Sinnen und nicht mehr zu bremsen, wenn ihn die Hexen, Geister, Gespenster u.s.w. zur Entlebucher Halloween-Party einladen.


 

Na ja, mein Ding ist es nicht unbedingt. Mit Harry Potter habe ich nichts am Hut (Sylvia und Tante Sonia übrigens auch nicht), und so lasse ich Halloween jeweils am 31. Oktober alleine um die Häuser ziehen, bin aber stets heilfroh, ihn im Morgengrauen wohlbehalten wieder zu Hause zu wissen, wenn auch meist etwas angeheitert *hicks*. Aber er gönnt sich ja sonst nichts, ausser einem gesegneten Schlaf. Wer schläft, sündigt nicht!

Da Halloween eine Supernase hat, findet er den Weg zur Grusel-Party selbst mit geschlossenen Augen, und mein Einsatz als Blindenführhund ist somit hinfällig.

 

 

 

So macht er sich auch dieses Jahr ohne mich auf die Socken, um mit den Hexen, Geistern, Gespenstern usw. zu feiern. Was die da zu feiern haben, ist mir nicht bekannt. Um es zu erfahren, müsste ich Halloween die Würmer aus der Nase ziehen, und darauf kann ich gut verzichten *igitt, igitt*. Wenn er es nicht lassen kann, dorthin zu gehen, dann gönne ich ihm diesen Spass. Er soll sich nach Strich und Faden austoben. Dann hat er danach nämlich wieder einen triftigen Grund seinem Hobby, dem Schlafen, zu frönen! 

Gemäss einem Lied von James Last ist die Welt morgens um 7 in Ordnung. Das ist in der Regel auch im Stöckerehüsli der Fall. An diesem 1. November trifft das allerdings nicht zu, weil Halloween nicht von dieser ominösen Party zurückgekehrt ist. Ein kurzer Blick ins Schlafkörbchen unserer gemeinsamen Freunde 
 


bestätigt mir, dass sein Schlafplatz (links zwischen Kermit und Igeli) leer ist. Alle sind in heller Aufruhr, und der Familienrat rätselt, wo er geblieben sein könnte.
 

Ach, du meine Güte! Der wird doch mit seinem Schlafzimmerblick nicht etwa einer Hexe
 

 

zu tief in die Augen oder sogar in den Ausschnitt geguckt haben und dann mit ihr auf deren Zimmer gegangen sein? Nein, das würde nicht zu meinem schüchternen, ja sogar verklemmten Halloween passen. Dass er jedoch einen über den Durst getrunken hat, traue ich ihm schon eher zu, denn ich kenne meine Pappenheimer. Aber dann nicht mehr Herr seiner Sinne sein und sich zu einem One-Night-Stand überreden lassen und dabei die Zeit vergessen? Nein, niemals! Dafür ist sich Halloween viel zu schade. Für ihn lege ich jederzeit meine Pfote ins Feuer. Hingegen für mich selber würde ich das niemals tun, denn es ist ja kein Geheimnis, dass ich nie etwas anbrennen lasse. Aber wenn einem die Mädels fast auf dem Servierbrett präsentiert werden, sagt auch Alex vom Waldacker nicht nein. Ich bin ja schliesslich auch „nur“ ein Mann!

Was Hallowen betrifft, wird er mit ein paar Gläsern zu viel intus auf dem Heimweg ganz einfach die Orientierung verloren haben und liegt jetzt irgendwo in der Gosse. O weh, da muss ich blitzartig handeln und starte im Alleingang eine Rettungsaktion. Was Kommissar Rex kann, kann ich nämlich schon lääängst und erst noch viiiiiiiiel besser. Um keine eventuell wertvolle Zeit zu verlieren, mache ich mich unverzüglich auf die Suche nach meinem verschollenen Freund und renne ohne Frühstück mit knurrendem Magen los wie aus der Pistole geschossen. 

 

Upps, da riecht es tatsächlich sehr verdächtig nach Alkoholfahne. Ich ahne Schlimmes, denn die Spur verläuft im Zickzack, dass mir fast schwindlig wird. 

Mal nach rechts,

dann wieder abrupt nach links 

und bergauf. Einmal mehr ist meine gute Kondition Gold wert.

 

In 4,3 Sekunden von null auf hundert rase ich den Abhang runter, so dass mein Auspuff am qualmen ist. 

Dann führt die Fährte weiter übers mir in meine samtigen Pfoten pieksende Streuland. Ein Indianer bzw. ein waschechter Berner kennt keinen Schmerz, und selbst der Wassergraben hindert mich nicht daran, Halloween zu Hilfe zu eilen. 

 

Ich gebe alles, denn vielleicht zählt jede Minute.

Dann kurz gebremst! Liegt da am Waldrand nicht etwas Dubioses? 

Also Turbogang rein und in die Zielgerade.



Ach, du heiliger Bimbam! Da liegt er ja, mein Freund, und zwar in der Tat sturzbetrunken!

 

Auf eine solche Sensation haben die gelangweilten Entlebucher Kühe seit langem gewartet. Endlich haben sie einen guten Grund, um dumm aus der Wäsche zu gucken. 

 

Ach ja, übrigens, für diejenigen, die nicht wissen, wo das Entlebuch liegt, habe ich eine Eselsbrücke: „Das Entlebuch ist dort, wo die Kühe schöner sind als die Mädchen!!!“ Au weja, hoffentlich bekomme ich jetzt keine bösen Mails. “Liebe Entlebucher Mädels, dieser Spruch ist selbstverständlich nicht von mir. Grosses Ehrenwort! Der ist bestimmt auf dem Mist eines verkorksten Entlebucher Bauern gewachsen, der beim schönen Geschlecht nie landen konnte und schlussendlich auch bei „Bauer sucht Frau“ keinen Erfolg hatte." Wenn ich dabei so an Schäfer Heinrich *würg* und seine Mutter Johanna denke, kann ich die Mädels gut verstehen, dass sie sich noch rechtzeitig vom Acker gemacht haben. 

Nun aber wieder schnell zurück zu Halloween. Der hat doch nicht etwa den Löffel abgegeben! Ganz sachte stupse ich ihn an, was er mit einem Lallen quittiert. Den hat's aber böse erwischt.

  

Obwohl ich ihm am liebsten seine ohnehin schon langen Ohren noch länger ziehen würde, kommt fast etwas Mitleid über mich, und so nehme ihn ganz vorsichtig auf. Er ist und bleibt ja trotz diesem „Absturz“ mein Freund. Das kommt schliesslich in den besten Familien vor. 


 

„Sylviaaaaaaaaaaaa,

ich habe Halloween gefunden. Er ist zwar total zugedröhnt und hat ein paar Knutschflecke am Hals, o la la!!! Aber davon abgesehen, ist alles im grünen Bereich. Du kannst also die Ambulanz getrost wieder abbestellen.“

Ich bin und bleibe doch einfach ein toller Kerl. Da bin ich ganz meiner Meinung, würde Daniela Katzenberger sagen. Wenn ich könnte, würde ich mir selber mit der Pfote auf die Schultern klopfen, aber da muss ich noch etwas daran arbeiten. Ob ich wohl mit einer Lebensretter-Medaille oder sogar mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werde? Also verdient hätte ich es auf alle Fälle. Selbst da bin ich ganz meiner Meinung *grins*!

Bevor ich den weiten Rückweg unter die Pfoten nehme, gibt’s etwas Aerobic in der frischen Entlebucher Morgenluft. Nach einer durchzechten Nacht kann das Halloween nur gut tun. 



 

Dann nehme ich den weiten Rückweg unter die Pfoten.



Und läuft und läuft und läuft.

 So weit die Füsse bzw. die Pfoten tragen.

Zwischendurch ein schiefer Blick

 zu den noch immer gaffenden Kühen.

Wie peinlich. Das gibt mal wieder eine fette Schlagzeile im Entlebucher Anzeiger. Mit den Eskapaden meiner Freunde bin ich inzwischen im ganzen Entlebuch bekannt wie ein bunter Hund.

Bevor mich die einfältigen Blicke der Kühe völlig durchlöchern, setze ich meine Rettungsmission mir nichts, dir nichts fort.

Nach gefühlten 99 Kilometern halte ich für eine kurze Verschnaufpause inne,

denn so langsam fallen mir die Augen zu.

Oh nein, besser nicht, denn sonst hat Sylvia bestimmt wieder einen ihrer Sprüche parat, und ausserdem muss ja zumindest einer den Überblick behalten, um den Nachhauseweg zu finden.

Und prompt höre ich Sylvias Stimme aus der Ferne hallen: „Wo bleibt denn deine Kondition, mit der du immer so prahlst? Ist die Luft schon raus? Bist eben doch nicht mehr der Jüngste! Deine unzähligen Weibergeschichten haben anscheinend doch ihre Spuren hinterlassen!“ Ich kann doch tun und lassen, was ich will, Sylvia entgeht einfach nichts und hat, wie gesagt, stets einen dummen Spruch auf Lager. Unter uns gesagt, manchmal geht mir das schon etwas auf den Sack. So musste für ihre Kamera auch ein neues Objektiv her, damit sie mich auf noch grössere Distanzen stets scharf im Visier hat. Meine Intimsphäre ist somit total im Eimer, und „Google Street View“ kann einpacken.

Meine Ohren auf Durchzug gestellt, setzte ich meinen Weg mit Halloween und seinem „Kater“ fort.

Uff, endlich geschafft. Behutsam lege ich die kleine Schnapsdrossel auf den Boden


und ein Untersuch auf Herz und Nieren ist angesagt.

 

Vor lauter Freude über die geglückte Rettung drehe ich mit Halloween noch ein paar übermütige Runden im Garten.

      

 

Dann setze ich ihn zur Ausnüchterung in den Fächerahorn, wo er sich auch ansonsten zurückzieht, wenn er etwas auf dem Kerbholz hat.

Ob sich Halloween im nächsten Jahr wieder auf eine Halloween-Party wagt oder ob ihm die Lust ein für alle mal vergangen ist? On verra (wir werden sehen), pflegt der Franzose zu sagen.

Bereits am nächsten Morgen gibt Halloween ein Statement ab. Nach seinem Katerfrühstück, kuschelt er sich zu mir und murmelt etwas beschämt: 

 

„Da habe ich schön Scheisse gebaut, gell! Das passiert mir kein zweites Mal. Bei dir im Stöckerehüsli ist es doch am allerschönsten, denn da sind meine wahren Freunde. Der Hexenzauber kann mir gestohlen bleiben, und deshalb möchte ich auch ab sofort nicht mehr Halloween gerufen werden, sondern doch viel lieber Schlafmütze, um nie mehr an diesen Fauxpas erinnert zu werden!“ Ein (kleiner) Mann - ein Wort! Und damit geht ein erneut aufregendes Kapitel in meinem niiiie langweiligen Bernerleben zu Ende.