Seit meinem zarten Welpenalter, also seit gut 10 Jahren, bin ich mit Sylvia (oder wohl besser Sylvia mit mir) für erlebnisreiche Spaziergänge fast täglich an der Kleinen Emme.

   

Für alle, die in der Schweizer Geographie nicht so doll aufgepasst haben, gebe ich hier gerne eine kleine Nachhilfe-Lektion. Nebst der Kleinen Emme, die durchs Entlebuch fliesst, gibt es nämlich auch noch die Grosse Emme, die im bekannten Emmental zu finden ist, wo der weltweit gern gegessene Emmentaler Käse mit den grossen Löchern herkommt. Die etwas weniger berühmten Entlebucher, und damit sind auch Sylvia und ich gemeint, begnügen sich mit der Kleinen Emme, wo wir zusammen schon unzählige schöne Stunden erlebt haben und hoffentlich noch viele erleben dürfen.

Auch wenn man mich nicht unbedingt als Wasserratte bezeichnen kann, finde ich es im Sommer dennoch herrlich, in der nicht zu viel Wasser führenden Emme zu planschen. Sobald ich jedoch Gefahr laufe, den Boden unter den Pfoten zu verlieren, hört der Spass bei mir auf. Natürlich nicht, weil ich ein Hasenfuss bin, sondern weil ich es ganz einfach absolut nicht ausstehen kann, wenn ich von oben bis unten und von vorne bis hinten total durchnässt bin. Wenn es doch mal vorkommt, dass ich aus Versehen ins mehr als bis zu meinem Bauchnabel reichende Wasser gerate, rette ich mich unverzüglich in seichtere Stellen, um mich dort dann erst mal gründlich zu schütteln. Aus dem „Noch-feucht-hinter-den-Ohren-sein-Alter“ bin ich ja schliesslich raus, oder?

 

  

Wenn die Emme nach länger anhaltendem Regen oder nach heftigen Gewittern Hochwasser führt, 

 

und zu einem lebensgefährlichen Strom wird, ist sie für mich selbstverständlich tabu. Ich bin ja nicht lebensmüde. Um mich auf gar keinen Fall einer Gefahr auszusetzen, wählt Sylvia an solchen Tagen die Strecke, wo die Emme durch einen Zaun vom Weg abgetrennt ist oder einen total anderen Ort. Es gibt im schönen Entlebuch nämlich Tausende von schönen Spazier- und Wanderwegen. 

„Wann wird’s mal wieder richtig Sommer“ will in diesem Juli keiner hören. Alle lechzen nach Schatten, Abkühlung in irgendwelchen Gewässern und erfrischenden Drinks. So sind Sylvia und ich ausschliesslich am Abend auf der Piste, und zwar an unserer geliebten Emme, wo es sich an den sogenannten Hundstagen prima aushalten lässt. 

„Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“, sodass Sylvia mich gestern mit drei neuen Spielsachen überrascht hat, die ich natürlich heute Abend auf unseren Ausflug an die Emme mitnehmen will. 

 

 

Zuerst habe ich alle einem gründlichen Test unterzogen, und das "Dreigestirn" finde ich am coolsten. Nebst diesen "Neulingen" ist selbstverständlich auch mein Liebling Welpi mit dabei. Ohne ihn geht nämlich gar nichts. Sein rotes Täschchen muss aber zu Hause bleiben, denn sollte er sich ins Wasser wagen, könnte er damit ertrinken. Für ein diesbezügliches Rettungsmanöver müsste ich mir ja noch einen roten Badeanzug besorgen, wie ihn David Hasselhoff in „Baywatch“ getragen hat. Wow, ich sähe damit ohne Zweifel „scharf“ aus. Wie ich Welpi kenne, würde er bestimmt vorziehen, von Pamela Anderson aus den Wellen gezogen und wiederbelebt  zu werden! Ich logo auch. Bin ja schliesslich auch nur ein Mann! Mensch, das wäre ein gefundenes Fressen für die Bildzeitung: „Drama an der Emme: Frauenschwarm Alex vom Waldacker und sein treuer Begleiter Welpi von Busenwunder Pamela Anderson gerettet!!!“ Trotz dieser Schlagzeile wollen wir es jedoch lieber gar nicht so weit kommen lassen.

   

Dafür trägt Welpi heute zum ersten Mal sein von Sylvia ausgesuchtes, neues Halsband. Zwar keines von Swarovski, aber immerhin passend zum Täschchen.

 

Wenn Ihr jetzt den Kopf schüttelt und Euch fragt, wie alt denn Sylvia eigentlich ist, kann ich Euch dazu sagen, dass ich mir diese Frage fast täglich stelle. Es gibt anscheinend nicht nur das bekannte „Kind im Manne“, sondern eben auch „das Kind in der Frau“, was bei Sylvia seeehr ausgeprägt vorhanden ist. Nun ja, sie lebt mit dieser Marotte seit Urzeiten ganz gut, und tolerant wie ich bin, sehe ich lächelnd darüber hinweg. Sie drückt ja bei meinen Macken auch stets ein Auge zu. 

Damit mein Freund Mascarpone nicht den ganzen Abend traurig in der Wiese liegend auf meine Rückkehr wartet, darf er klaro auch mitkommen.  

 

Unter uns gesagt, hat er ein Vollbad dringend nötig, denn benannt nach einem Käse, ist sein Geruch manchmal schon eine Zumutung. Und das Schlimme daran ist, dass Tante Sonia jeweils mich in Verdacht hat. Dafür klaue und verstecke ich dann mit Wonne mal wieder einen ihrer Schuhe. Strafe muss sein! 

Bevor nun die Party an der Emme losgehen kann, hier noch eine Lektion in Schweizer Geschichte: Die Entlebucher Flüsse waren im 18. Jahrhundert  bekannt für das Waschen von Gold. Da staunt Ihr, was!? Und selbst heute noch gibt es einige Verrückte, die mit besonderer Ausrüstung versehen nach eventuellen Überresten suchen. Anscheinend ist Sylvia die Hitze der letzten Tage nicht so gut bekommen, denn anders kann ich mir nicht erklären, dass sie ausgerechnet jetzt auf die glorreiche Idee kommt, ICH könnte diesbezüglich mal meine Supernase einsetzen, damit sie es auf ihre alten Tage doch noch zur Millionärin schafft.  

Ich höre wohl nicht richtig. Anstatt mich mit Welpi, Mascarpone und den drei neuen Kumpeln zu amüsieren, soll ICH in der Emme nach Gold schnüffeln, damit sie dann dank meinem Einsatz ihr Schäfchen ins Trockene bringen kann?  

 

Bei dieser Schnapsidee stelle ich meine Ohren wohl besser auf Durchzug. 

  

Aber ich kann Euch sagen, wenn die sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Damit der Haussegen nicht ins Wanken gerät, lasse ich mich wohl oder übel auf diesen Deal ein. Dass halbe-halbe gemacht wird, ist so klar wie das Wasser in der Emme. Mit meiner mickrigen Rente kann ich auch nicht mehr so grosse Sprünge machen und bin froh um jeden zusätzlichen Rappen. Kurz und gut, ich will nicht Spielverderber sein, zumal Sylvia damals bei der zwar total in die Hose gegangenen Yeti-Suche auch bis zum bitteren Ende mitgezogen hat. Eine Hand bzw. eine Pfote wäscht die andere.
 

Ein herzhafter Schluck erfrischendes Emmenwasser, und ich lege mich ins Zeug! 

  

Bis hierher sieht alles eher wie Wassertreten nach Dr. Kneipp aus, was meinem Body (nicht zu verwechseln mit meiner geliebten Webmasterin Bodi) aber nicht schaden kann. 

Auf meinen Waschbrettbauch bin ich nämlich nach wie vor irre stolz und trainiere jeden Tag hart dafür *schwitz, schwitz*, selbst wenn inzwischen die Mädels deswegen nicht mehr reihenweise in Ohnmacht fallen. 

Uiiiii, hier könnte es für mich zuuu tief werden. Bevor ich ernsthaft in Seenot gerate und wie die Titanic absaufe, mache ich doch besser 

 

rechtsumkehrt. Gaaaanz elegant und unauffällig, damit Sylvia nicht wieder … na Ihr wisst schon.  

 

Zu spät, mein abruptes Wendungsmanöver ist ihr doch nicht entgangen. Um nicht erneut so was Ähnliches wie Feigling einstecken zu müssen, werfe ich ihr einen meiner unmissverständlichen, schiefen Blicke zu, der sie sogleich verstummen lässt. 

 

Nur keinen Aufstand, ich such’ gleich weiter! 

 

 

Upps, da ist doch etwas Verdächtiges! Also schnell nach Backbord gewendet. 

 

Zu früh gefreut. Es ist nur Sylvias Schatten, und ich falle tatsächlich darauf herein!  

 

Dann versuche ich mein, d. h. Sylvias Glück Richtung Steuerbord. 

 

Frust, auch hier kann ich nichts Auffälliges entdecken. Wie Ihr mich von der Yeti-Suche her kennt, wisst Ihr, dass ich nicht so schnell aufgebe. Aber ehrlich: hier gibt’s ja nicht mal Goldfische,

geschweige denn echtes Gold!   

   

 

Mit meinem unwiderstehlichen Dackelblick versuche ich Sylvia zu überzeugen, dass da schon lääängst Andere „abgeräumt“ haben und es wirklich keinen Sinn hat, die Suche fortzusetzen bis mir die Schwimmhäute noch aus den Ohren oder sonst wo wachsen. 

  

Aber nicht mal meine doch recht imposanten Schwanzwedel-Wasserspiele 

können Sylvia vom urplötzlich erwischten Goldrausch-Virus abbringen. Macht sie jetzt einen auf Dagobert Duck? Mir bleibt doch wirklich nichts erspart.

 

 

„Ist ja guuuuuut. Ich nehme den Dagobert Duck zurück und starte einen zweiten Versuch!“ Irgendwo liegt vielleicht doch noch etwas von dem glänzenden Zeug. Obwohl ich logo weiss, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. 

 

 

Oh, Überraschung, aus der Richtung riecht tatsächlich etwas ganz verdächtig! Also, nichts wie hin. 

 

Und hier noch verdächtiger! 

 

 

Aber wie riecht denn eigentlich Gold? *Grübel, grübel*!

Ob ich hier mal eine Kostprobe nehme? *Schlürf, schlürf, schmatz, schmatz*! Schmeckt scheusslich bis eklig.

Irgendwie nach schon länger abgelaufenem Käse. Also wenn Gold so widerlich schmeckt, dann möchte ich keine Berge davon haben und bleibe lieber bescheiden. Jetzt geht mir ein Licht auf, warum man von reichen Leuten sagt: Die stinken nach Geld. Es gibt doch im Leben für alles eine logische Erklärung. 

 

Oder hat da wohl einer seine unzumutbaren Schweiss-Pfoten und anderes gewaschen? Igittigitt! Entschuldige Mascarpone, bei aller Freundschaft! Würg, würg, mir ist speiübel. 

 

Sylvia soll ja nicht behaupten, ich hätte mich nicht ins Zeug gelegt. Aber das ist jetzt wirklich des Guten zu viel, und so langsam habe ich meine Schnüffelnase gestrichen voll. Meine von Anfang an berechtigten Zweifel auf einen Erfolg erhärten sich mit jedem erschnüffelten Stein.

 

Ein letzter, tiefer Blick in die Emme

  

und mein Entscheid steht fest: „ICH habe fertig!“  

  

Ohne Sylvias Kommentar abzuwarten, wate ich ans Ufer zurück. 

 

Bevor ich mich wieder unters Volk wage, ist nochmals eine gründliche Mundspülung fällig. Ihr wisst schon: ranziger Käse, pfui Teufel! 

 

  

Am Ufer angelangt und mehrmals tüchtig geschüttelt,

  

frage ich mich allen Ernstes, 

 

warum denn überhaupt ICH nach Gold suchen soll! Erstens macht (zu viel) Geld allein auch nicht glücklich, 

 

und zweitens erzählt doch Sylvia seit über 10 Jahren allen, sogar jenen, die es nicht mal unbedingt hören wollen, dass ICH ein Goldjunge, und zwar ihr Goldjunge bin. Also hat sie doch alles, was sie braucht, oder etwa nicht?

Mit Kopfnicken und einem glücklichen Lächeln auf den Lippen gibt sich Sylvia geschlagen, wenn auch ziemlich beschämt. Ihre kurze Welle der Habgier ist somit buchstäblich bachab gegangen, und das ist auch gut so. Geld verdirbt bekanntlich den Charakter, und dieses Risiko wollen wir um nichts auf der Welt eingehen. So kehren wir nach einem erneut aufregenden Sommerabend nach Hause zurück, wo die daheim gebliebene Tante Sonia mit einem gewohnt feinen Essen auf uns wartet. Sie staunt nicht schlecht darüber, wie angenehm Mascarpone nun plötzlich duftet. Was mich betrifft, bin ich erleichtert, als Verdächtiger ein für alle Mal aus dieser Sache raus zu sein. Wenn Tante Sonia davon ausgeht, dass ich ihre Schuhe nun nicht mehr verschleppe, dann ist sie völlig auf dem Holzweg. Ich finde todsicher schon morgen wieder einen triftigen Grund, um meine Lieblingsmacke weiterhin auszuleben.  

Bis zum nächsten Mal, Euer Goldjunge Alex vom Waldacker, der Herr der Kleinen Emme.